Hatha Yoga – Augen zu und durch
Wir leben in einer durch und durch visuellen Welt. Unser Geist ist darauf ausgerichtet, Menschen und Dinge, zumindest im ersten Moment, nach ihrem äußeren Erscheinungsbild zu beurteilen. Auch uns selbst beurteilen wir viel zu oft nach Äußerlichkeiten und viel zu selten nach unseren inneren Werten und Gefühlen.
Natürlich ist es schön und wundervoll, dass wir sehen können und wir sollten dankbar dafür sein. Doch wenn wir uns für eine Weile diesen einen Sinn ‚wegnehmen‘, können wir unsere Aufmerksamkeit ganz auf uns Selbst, auf unseren Körper, unsere Gefühle, unser Innerstes richten.
Im Yoga nennt sich dies Pratyahara – das Zurückziehen der Sinne. Es ist eine der Ashtangas, der Acht Stufen im Yoga und gilt als Teil der Meditation. Im Wesentlichen geht es darum, anstatt jeder Sinneswahrnehmung, jeder Emotion und jedem Gedanken zu folgen, sich von seinen Sinnen loszulösen und seine Aufmerksamkeit nach Innen zu richten – denn von Innen kommt die ganze Kraft. Von Innen kommt alles, was du brauchst.
Sobald wir also unsere Augen schließen und mit Yoga starten, können wir uns noch bewusster darauf konzentrieren, welche Bewegungen in welcher Intensität gut und richtig für unseren Körper sind. Wir können Dinge fühlen, an denen unsere Aufmerksamkeit mit geöffneten Augen vorbeigegangen wäre. Wir lernen mit unseren Händen, unseren Ohren, mit jeder Nervenbahn in unserem Körper zu sehen und gewinnen dadurch mehr als nur neue Perspektiven und Erkenntnisse: Wir gewinnen an Vertrauen in uns Selbst und unseren Körper. Wir lernen loszulassen, uns zu befreien von ‚So-Muss-Das-Sein‘ und kommen hin zu ‚So-Ist-Das‘. Wir lernen uns selbst noch ein Stück weit besser kennen.